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Nelson Mandela (*1918)

aus: Der Lange Weg zur Freiheit

 

Niemand in meiner Familie hatte je die Schule besucht, und meine Mutter war auf den Vorschlag Mbekelas nicht vorbereitet. Doch teilte sie ihn meinem Vater mit, der trotz - oder vielleicht wegen - seines eigenen Mangels an Bildung auf der Stelle entschied, dass sein jüngster Sohn die Schule besuchen sollte.

 

Die Schule befand sich in einem einräumigen Haus westlichen Stils auf der anderen, Qunu abgewandten Seite des Hügels. Am Tag vor meinem Schultag - ich war inzwischen siebeneinhalb Jahre alt - nahm mich mein Vater beiseite und erklärte mir, für die Schule müsste ich ordentlich gekleidet sein. Bis dahin hatte ich, wie alle Jungen in Qunu, nur eine Wolldecke getragen, über eine Schulter geschlungen und an der Hüfte zusammengeknotet.

 

Mein Vater nahm eine seiner Hosen und schnitt die Hosenbeine in Kniehöhe ab. Er befahl mir, die Hose anzuziehen, was ich auch tat, und sie hatte ungefähr die richtige Länge, war jedoch um die Hüften viel zu weit. Daraufhin nahm mein Vater ein Stück Schnur und straffte die Hose an der Taille.

 

Ich muss einen komischen Anblick geboten haben, doch nie habe ich ein Kleidungsstück besessen, auf das ich stolzer gewesen wäre als auf meines Vaters abgeschnittene Hose.

 

 

 

 

 

Nelson Mandela, Der lange Weg zur Freiheit. © Nelson Rolihlaha Mandela 1994.

Deutsche Ausgabe: © S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1994.

Seite 26

Textfeld: Mit den Worten der Dichter