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Johann Peter Hebel (1760 - 1826)

aus: Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreundes

/Der Schneider in Pensa

 

[…]Also kamen eines Tages ... auch sechzehn ... badische Offiziere, die damals unter den Fahnen Napoleons gedient hatten, über die Schlachtfelder und Brandstätten von Europa, ermattet, krank, mit erfrorenen Gliedmassen und schlecht geheilten Wunden, ohne Geld, ohne Kleidung, ohne Trost in Pensa an […]

 

und augenblicklich wurde zugeschnitten, und alle sechsundzwanzig Gesellen arbeiteten Tag und Nacht an Kleidungsstücken für … [die Kriegsgefangenen]. In wenig Tagen waren alle neu oder anständig ausstaffiert. […]

 

Ein guter Mensch, auch wenn er in Nöten ist, missbraucht niemals fremde Gutmütigkeit; deswegen sagten zu ihm die rheinländischen Hausfreunde: "Herr Landsmann, verrechnet Euch nicht. Ein Kriegsgefangener bringt keine Münzen mit. So wissen wir auch nicht, wie wir Euch für Eure großen Auslagen werden schadlos halten können, und wann." Darauf erwiderte der Schneider: "Ich finde hinlängliche Entschädigung in dem Gefühl, Ihnen helfen zu können. Benutzen Sie alles, was ich habe! Sehen Sie mein Haus und meinen Garten als den Ihrigen an!" So kurz weg und ab, wie ein Kaiser oder König spricht, wenn eingefasst in Würde die Güte hervorblickt. Denn nicht nur die hohe fürstliche Geburt und Großmut, sondern auch die liebe häusliche Demut gibt, ohne es zu wissen, bisweilen den Herzen königliche Sprüche ein, Gesinnungen ohnehin. […]

 

Als einmal Geld zur Unterstützung der Gefangenen aus dem Vaterland ankam, war ihre erste Sorge, ihrem Wohltäter seine Auslagen zu vergüten. "Kinder", sagte er, "verbittert mir meine Freude nicht!" - "Vater Egetmeier", sagten sie, "tut unserm Herzen nicht wehe!" Also machte er ihnen zum Schein eine kleine Rechnung, nur um sie nicht zu betrüben, und um das Geld wieder zu ihrem Vergnügen anzuwenden […]

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Textfeld: Mit den Worten der Dichter