Henning Mankell (*1948) aus einem Vortrag, siehe www.schwedenkrimi.de/mankell_vortrag
[…] Die letzte Geschichte, die ich Ihnen heute erzählen möchte, kommt aus Mosambik, aus dem nördlichen Teil des Landes. Wie Sie alle wissen, gab es dort dreißig Jahre lang fast ununterbrochen Krieg. Mit dem Befreiungskrieg gegen die Portugiesen 1964 fing es an. Dann folgte ein Bürgerkrieg. 1992 kam endlich der Frieden. Gegen Ende der achtziger Jahre befand sich das Land in einer äußerst prekären Lage. Millionen von Menschen waren auf der Flucht, eine Million war gestorben, es gab Hunger und Elend. Ich bin damals in den Norden des Landes gereist. Eines Tages war ich zu Fuß auf dem Weg zu einem Dorf. Mir entgegen kam ein Mann, mager, vielleicht auch hungrig. Seine Kleider hingen in Fetzen. Dann sah ich seine Füße. Was ich erblickte, werde ich mein Lebtag nicht vergessen: Ich habe es beim Schreiben stets vor Augen. Er hatte Schuhe auf seine Füße gemalt. Mit Erdfarben. Das war die letzte Möglichkeit für ihn, seine Würde zu bewahren. Dieser Wunsch war stärker gewesen als das Elend, das ihn seiner Würde zu berauben drohte. Ich glaube, in meinen Büchern geht es um diesen Mann. Um Menschen, die sich nie unterkriegen lassen, egal wie schlecht es gerade aussieht. Und beim Schreiben habe ich immer folgenden Leitgedanken: Eines Tages können wir alle in eine Situation geraten, in der wir darauf gefasst sein müssen, Schuhe auf unsere Füße zu malen. Und dann müssen wir sicher sein, dass wir dazu auch fähig sind. |
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Begleitende Texte:
Mit den Worten der Dichter Henning Mankell (1) 02 Henning Mankell (2) 04 Johann Peter Hebel 06 Nelson Mandela (1) 08 Heinrich Federer 16 Ludwig Bechstein 18 Janosch (1) 20 Janosch (2) 22 Janosch (3) 24 Nelson Mandela (2) 26 Reinhard Mey 38
Zur aktuellen Situation Aufbau in Mozambique 10 Frieden in Angola 12 Gegen HIV/AIDS 14
Worte von Beteiligten Hühnchenzüchter 28 Lkw-Fahrer 30 Gemeindedirektor 32 Projektleiter 34 Auslandsfreiwillige 36
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Henning Mankell Foto: Ikse Bergman |