Argumente für den Kleiderversand nach Afrika
Unverzichtbarer Teil der Armutsbekämpfung
1.) Millionen von Menschen im Südlichen Afrika können sich neue
Kleidung nicht leisten. Kleidung ist aber unbedingt erforderlich
zum Schutz gegen Sonne, Wind und Regen, gegen Kälte und Insekten
und Schmutz.
Auch in warmen Ländern kann es nachts kalt werden, in
der Regenzeit regnet es, und der Körper friert bei 20°C, wenn er
30°C gewöhnt ist.
Den vielen Millionen Menschen geht es außerdem
darum, trotz widriger Umstände ihre Würde aufrecht zu erhalten -
Kleidung prägt das Erscheinungsbild des Menschen, sie hilft,
Haltung zu bewahren und stützt Handlungskraft und Zuversicht.
Das
Bereitstellen von Altkleidung, die für viele einzig erschwingliche
Kleidung, ist daher unverzichtbarer Teil der Armutsbekämpfung.
Entlastung der Familienbudgets
2.) Altkleidung statt Neukleidung stärkt die Kaufkraft in anderen Bereichen.
Nahrung, Wohnung und Kleidung sind unentbehrlich, und in vielen Familien wird das geringe Einkommen vollständig dafür aufgebraucht.
Für Schulhefte, Impfungen
oder Kleinanschaffungen zur Einkommensverbesserung bleibt einfach kein Geld mehr übrig.
Das Bereitstellen von Altkleidung ist eine der wenigen Möglichkeiten, die Familienbudgets spürbar zu entlasten und den Weg frei zu machen für zukunftsorientierte Ausgaben.
Konsumentensouveränität
3.) Es sollte zu allererst das Interesse der Verbraucher
betrachtet werden, und nicht das Interesse eines bestimmten
Industriezweigs.
Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß vom Standpunkt der Verbraucher die Lieferungen von Altkleidung wünschenswert sind.
Ähnlich würde auch niemand in der BRD das Einkaufen in Second- Hand-Läden verurteilen, um die deutsche
Textilindustrie zu schützen, oder den Handel mit gebrauchten Autos, um die Automobilindustrie zu schützen.
Es verlangt auch niemand ein Import-Verbot von billigen Neu-Textilien aus Südostasien in die BRD, obgleich dies sicherlich in der deutschen Textil-Industrie viele Arbeitsplätze gekostet hat.
Dieser Gedanke
der Konsumentensouveränität hat heute in volkswirtschaftlichen
Überlegungen das Konzept des Protektionismus vergangener
Jahrhunderte abgelöst.
Man geht weitgehend davon aus, daß ein gesunder Markt dann entsteht, wenn Nachfrage ihn bestimmt, und
nicht staatliche oder sonstige Planwirtschaft.
Verbraucher - in Afrika wie sonstwo in der Welt
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4.) Verbraucher in Afrika sind nicht anders zu betrachten als
Verbraucher sonstwo in der Welt. Es ist ein allgemein akzeptierter
Gedanke, daß der Verbraucher in Deutschland selbst entscheiden
kann, darf und soll, welche Produkte er kauft, ob neu oder
gebraucht.
Auch dem Verbraucher in Osteuropa oder noch weiter
östlich wird dieses Recht zugestanden, obgleich auch dort eine
Textilindustrie existiert und ihre Schwierigkeiten damit hat, den
geöffneten Märkten standzuhalten. (Möglicherweise war die
Textilindustrie im Osten zeitweise stärker entwickelt, als dies
jemals in Afrika der Fall war).
In der Debatte um
Altkleiderexporte werden Lieferungen nach Osteuropa nicht in Frage
gestellt, was daran liegen mag, daß der Verbraucher dort nahe an
Europa ist, und unmittelbar als souveräner Verbraucher eingestuft
wird.
Dieselbe Souveränität muß dem Verbraucher in Afrika
eingeräumt werden.
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Protektionismus - kein Weg aus der Armut
5.) Auch in besonders armen Ländern ist der Protektionismus kein Weg in die Zukunft.
Es wurde zeitweise damit argumentiert, daß in besonders armen Ländern erst mal die Grenzen abgeschottet werden müßten, bis eine eigene Industrie aufgebaut ist, um sich erst danach dem freien Markt zu öffnen.
Solange müßten die Verbraucher dann das Opfer bringen und höhere Preise in Kauf nehmen, sozusagen
als Tribut an das Wohl künftiger Generationen. Dieses Entwicklungsmodell wurde von verschiedenen Ländern ausprobiert. Es
hat sich in der Praxis nicht bewährt.
Geeignete Maßnahmen zur Förderung konkurrenzfähiger Produktion sind die Stärkung von allgemeiner Bildung, betriebswirtschaftlichem Know-how, Initiativkraft und Training in Zusammenarbeit, sowie die Erarbeitung von Konzepten, die auf die Situation vor Ort zugeschnitten sind, und deren Umsetzung in
Modellbetrieben.
Es gibt keine Hau-Ruck-Methode, die zum Erfolg führt, auch wenn
der Protektionismus manchmal diese Hoffnung weckt.
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Arbeitsplätze in Eigenverantwortung
6.) Distribution und Ausbesserung der Altkleidung ist zu einem eigenen Wirtschaftszweig geworden, der zigtausende von Arbeitsplätzen in Afrika geschaffen hat.
Ein Heer von KleinstunternehmerInnen ist damit beschäftigt, die Kleidung auch in entlegene Dörfer zu transportieren, zu sortieren, zu verkaufen und auszubessern. So können sie ihre Familien ernähren, Menschen, für die eine andere Beschäftigung meist nicht in Aussicht stand, und lernen gleichzeitig grundlegendes darüber, einen Betrieb zu führen.
Dieser Aspekt wird in Europa häufig nicht wahrgenommen, weil die KleinstunternehmerInnen nicht über eine Lobby verfügen, wie dies bei der Textilindustrie der Fall ist, und vielleicht auch, weil diese Art der Beschäftigung nicht dem Bild des klassischen Arbeitsplatzes entspricht, das noch in unseren Köpfen steckt - großangelegte Serien- produktion unter straffer Leitung.
Der Wert des Kleinstunternehmertums sollte aber nicht unterschätzt werden: es fördert Initiative und Eigenverantwortung und weist auch Menschen in entlegendsten Gebieten einen Weg in die Zukunft.
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Kostenlose Lieferungen
7.) Insbesondere kostenlose Lieferungen (wie unsere) sind ein Gewinn für die Volkswirtschaft.
Das Land muß den Bedarf der Bevölkerung decken, die heimische Textilindustrie ist dazu - zumindest derzeit - überhaupt nicht in der Lage.
Wenn kommerziell
importiert wird, fließt wertvolle Valuta aus dem Land.
Nicht so in unserem Fall:
wir schicken die Lieferungen als Spende, die Erlöse werden voll und ganz für Entwicklungshilfe eingesetzt.
Ein reiner Zugewinn für die Volkswirtschaft.
Wissenschaftliche Studien
8.) Von allen uns bekannten wissenschaftlichen Studien kommt nicht eine einzige zu dem Schluß, daß Altkleiderexporte nach Afrika generell zu beschränken seien.
Außerdem herrscht allgemeine Übereinstimmung darüber, daß die Kleidung besonders sinnvoll eingesetzt werden kann bei Einflußnahme durch eine karitative
Organisation vor Ort,
und daß der Einsatz von Erlösen für langfristige Entwicklungshilfe dem Empfängerland zusätzlichen,
unter Umständen beträchtlichen Nutzen bringt.
Aus dem im Auftrag
des BMZ erstellten Kurzgutachten zu Altkleider-Exporten, 1998:
"Eine schädliche Wirkung der Altkleider-Importe auf die Textil-
und Bekleidungsproduktion und den Arbeitsmarkt kann in den drei
Ländern nicht festgestellt werden"
(untersucht wurden Benin, Ghana
und Kamerun).
Transparenz bis hin zum Endverbraucher
9.) Für unsere Kleiderlieferungen nach Angola und Mozambique gilt:
jeder einzelne Seecontainer (wir verschicken 1-2 pro Woche ab
Berlin) hat seinen Bestimmungsort, sei es nun Lobito, Beira oder
Luanda.
Die Fundraising-Projekte unserer Partner sorgen für den
weiteren Verlauf: von den Distributionszentren aus wird die
Kleidung durch ein Netz von hunderten von HändlerInnen verkauft;
diese sind registriert mit Namen, den Abnahmemengen jeder Woche
(typisch 45 kg) und Verkaufspunkten (den einzelnen Dörfern und Märkten).
Der Kontakt wird zusätzlich verstärkt durch Schulung der HändlerInnen und regelmäßige vor-Ort-Besuche der Mitarbeiter
unserer Partner.
Wir bekommen Feedback in Form von Quartals- und
Jahresberichten, und informieren unsererseits die unzähligen Spender in Deutschland.
So ist Transparenz bis hin zum
Endverbraucher gewährleistet.
Entwicklungshilfe
10.) Der Einsatz der Erlöse für langfristige Entwicklungshilfe ist
von beträchtlichem Nutzen. Jeder unserer Kleidercontainer in
Deutschland bedeutet einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz in
Afrika. Die Wirkung ist beträchtlich, sei hier aber nicht weiter
ausgeführt. Siehe auch unsere Homepage.
Zukunfts-Perspektive
11.) Wichtig ist auch, mit welcher Zukunfts-Perspektive man
arbeitet. Unsere Partner sind seit 1982/1984 in Mozambique und
Angola tätig, und zwar in zusammengenommen über 50 Projekten, die
tausende von Menschen erreichen. Sie verfügen über eine gründliche
Kenntnis der Entwicklung und aktuellen Situation in diesen
Ländern. Auch wenn sie es sich zum Ziel gemacht haben, sich auf
längere Sicht unabhängig zu machen von unseren Kleiderlieferungen
(sie arbeiten auch an der Errichtung von Produktions-Betrieben)
wird es bis dahin noch einige Jahre dauern. So liefern wir jetzt
(noch) Kleidung dorthin, aber mit der Perspektive, daß sowohl
unsere Partner-Organisationen als auch überhaupt die Menschen in
diesen Ländern auf eigene Füße zu stehen kommen - auch durch
unsere Hilfe.