Ein Dorf für Straßenkinder

Citadela das Crianças

Das ADPP Kinderdorf in Maputo in Mozambique

Das ADPP Kinderdorf wurde im Jahr 1990 gegründet und zwar für Kinder, die nach dem langen Krieg in Mozambique den Kontakt zu ihren Eltern verloren hatten.Das Kinderdorf liegt in Costa do Sol, etwas außerhalb von Maputo. Zur Zeit sind hier 180 Kinder im Alter von 7- 20 Jahren. Wie schon der Name aussagt, ist das Kinderdorf eine Dorfgemeinschaft für sich, wo die Kinder zur Schule gehen, praktische Fertigkeiten lernen, Sport treiben, sich kulturell betätigen und sich für eine gute Zukunft ausbilden. Eine Schule für Kopf, Hand und Herz.

Kinder und Erwachsene - mozambiquanische Lehrer und Auslandsfreiwillige - wirken im Kinderdorf zusammen und leiten es mit allen den dazugehörigen Elementen. Hierdurch lernen die Kinder Werte zu schaffen und auf sie aufzupassen; sie lernen, wie Menschen sich selber ein gutes Leben in ordentlicher und schöner Umgebung schaffen können.Die Kinder lernen in einer demokratischen Gesellschaft zu leben, indem sie selbst an den Beschlüssen über die Führung und Aktivitäten des Kinderdorfes teilnehmen.

Aus dem Tagebuch von Andrea, Auslandsfreiwillige in der Citadela das Crianças:

Die Uhr zeigt 5.15. Ich erreiche den Wecker, bringe ihn zum Stillstand, stehe auf und wecke die Anderen. Ich wasche mich, setze Kaffee auf und bereite ein paar Brötchen mit Käse zu. Ich packe meine Tasche mit der Sportkleidung und den Shorts in der Mittagshitze und ich schaffe es gerade noch, über das nachzudenken, was ich mir heute vorgenommen habe und schon höre ich das Tuten des Autos vor dem Haus. Wir eilen weg, Kristina als die Letzte noch mit dem Morgenbrötchen in der Hand.

Wir beginnen unsere Arbeit um 6.30. Tine, Anja und Anita treffen wir am Eingang zum Kinderdorf. Sie wohnen im Kinderdorf und sind schon früh aufgestanden um die Kinder zu wecken. Sie sind gerade dabei, dafür zu sorgen, das die letzte Putzaufgaben vor der Morgenversammlung noch durchgeführt werden.

Ich gehe zu meiner Gruppe. Epitacio und Ernesto sind noch nicht aufgestanden, obwohl sie schon mehrmals geweckt wurden. Silvester steht jetzt auf und zieht an Ernestos Laken um ihn zum Aufstehen zu bewegen. Silvester steht immer von selber auf um die Toiletten, die unter seiner Verantwortung sind, zu reinigen und zwar so früh, daß es die schlafenden Erwachsenen verärgert. Aber es ist doch gut, daß er als der einzigste unter den Kindern jeden Tag selbstständig für das Reinemachen in seinem Verantwortungsbereich sorgt.

Epitacio und Ernesto sind jetzt schnell aufgestanden, als ich ihnen aus Spaß mit Wasser aus dem Kühlschrank im Lehrerzimmer gedroht habe. Sie ziehen sich schnell an. Ich helfe Epitacio eine andere Bluse zu finden und stelle dabei fest, daß er doch nicht seine Kleidung, wie versprochen, gestern gewaschen hat. Doch war jetzt nicht der Zeitpunkt darüber zu streiten.

Es ist 7 Uhr und Zeit für die Morgenversammlung. Alle 75 Kinder sind jetzt versammelt oder besser gesagt beinahe, einige sind noch zuhause bei einer Familie und ich habe gerade erfahren, daß Maria, Sonia und Saquina diese Nacht weggelaufen sind. Schade, warum sind sie nicht geblieben?

Bevor wir mit dem Thema des Tages „Gesang" anfangen, diskutieren wir, warum die drei Mädchen weggelaufen sind. Cruz steht vorn und fragt alle Kinder, ob sie über die Ursache Bescheid wissen.Manuel erzählt, daß er gestern darüber etwas gehört hat, aber es wird immer soviel gesagt, so... Roberto antwortet, daß es sicher Maria war, die in die Stadt wollte, um ihrem kleinen Bruder aus der Klemme zu helfen.Wir entscheiden gemeinsam, daß Olivio, einer unserer Lehrer, mit zwei der ältesten Jungen und Leif zur Stadt gehen um dort nach den Mädchen zu suchen bevor sie sich in etwas verwickeln lassen.

Danach singen wir. Wir üben für einen Auftritt zum Kindertag in einer Woche, wo wir vor 2000 Kinder und Erwachsene singen sollen. "Das hört sich schon sehr gut an, aber wir müssen noch etwas mehr üben, jeden Tag zu dieser Zeit, bis wir auftreten", sage ich den Kindern. Alle freuen sich, die Kinder lieben das Singen.

Jetzt ist es 8 Uhr. Wir schicken unsere Gruppen zur Schule zu den Lehrern im Kinderdorf , die den theoretischen Unterricht durchführen. In der Pause um 10 Uhr essen die Kinder ihr Frühstück. Es besteht aus Maisbrei mit sehr viel Zucker und warmer Milch.

Vormittags haben wir Zeit, verschiedenes vorzubereiten, z.B. unsere Produktionen, Abendprogramme,Wochenberichte über jedes Kind unserer Gruppe, und vieles mehr.

Ich bin der Lehrer für die Tischlergruppe. Wir reparieren zur Zeit die Möbel und Fenster in unserem Gebäude. Es ist ein großes Problem, daß die Möbel und Fenster zerstört werden, weil die Kinder noch nicht gelernt haben, darauf aufzupassen als auf einen Wert, der ihnen gehört. Es ist auch schon mehrmals vorgekommen, daß die größeren Kinder Diebstähle ausgeübt haben. Wenn alle anderen Kinder sich am Strand aufhielten, haben sie die Schränke der jüngeren Kinder ausgeraubt. Wir sind dabei herauszufinden, wer diese Diebstähle macht, aber das ist nicht so einfach, wenn die gestohlenen Sachen am gleichen Tag verkauft werden und damit jede Spur verschwindet.

Ich gehe zur Möbelfabrik, um dort verschiedenes Werkzeug auszuleihen und um das Holz, das wir benötigen, zu beschaffen.  Als ich zurück komme, haben sich schon alle zum Mittagessen gesammelt. Ich gehe zu meiner Gruppe, um mit ihnen zu essen, dann ist mehr Ruhe zur Mahlzeit.

Um 2 Uhr sind alle bereit mit dem Nachmittagsunterricht anzufangen. Ich habe 7 Jungen in meiner Gruppe im Alter von 13- 6 Jahre. Am Anfang dauerte es etwas bis sie einen Lehrer, der kein Mann war, akzeptierten. Einige der Kinder sind größer als ich, und erst nach ein paar Wochen wurde ich von ihnen anerkannt.

Abgesehen davon, das Ernesto und Pedro wegliefen und sichversteckten, ging die Unterrichtsstunde gut. Einige der anderen Jungen versuchten sie wiederzufinden, nach einer halben Stunde gaben sie auf. Es war nicht das erste, sondern das dritte Mal in dieser Woche das Ernesto und Pedro einfach verschwanden, aber trotzdem wieder zurückkehrten.

Die anderen Kinder in der Gruppe hatten eine gute Unterrichtstunde, wo viel erreicht wurde.

Nachdem wir das Werkzeug zurückgeliefert hatten, war es 16 Uhr und es war Zeit für die Klubs. Beinahe alle Jungen in meiner Gruppe spielen ein Instrument und nehmen am Orchester teil. Die Lehrer, die in Trompete, Trommel und Klarinette unterrichten, waren angekommen und jetzt ging es darum, die Instrumente herauszuholen und dafür zu sorgen, das alle Kinder wirklich zum Musikunterricht kommen. Ich ging herum um zu sehen, ob alle da waren und stellte fest, das dies der Fall war.

Meine eigenen Schüler, die ich im Saxophon- und Gitarrenspielen unterrichte, saßen artig und warteten auf mich. Wir fingen mit dem Unterricht an. Sie spielten zuerst einzeln und danach zusammen und zum Abschluß bekamen sie Hausaufgaben für den nächsten Tag.

Das Orchester war etwas neues. Das Kinderdorf hatte ein komplettes Blasorchester mit neuen Instrumenten aus Dänemark bekommen. Es war das Geschenk einer Schule, die das Geld in Dänemark eingesammelt hatten. Alle Kinder waren ganz begeistert darüber und wollten sofort auf den Instrumenten spielen. Einige Gruppen mit den älteren Kindern wurden  ausgewählt und bekamen die Erlaubnis, die Instrumente auszuprobieren. Es war das erstemal im Leben dieser Kinder, daß sie ein Instrument dieser Art in ihre Händen hielten und sie mußten erst einmal lernen, wie man ein Instrument hält und auf es aufpaßt.

Danach war es eine große Arbeit, Musiklehrer zu finden. Das ist nicht so einfach in einem Land wie Mozambique. Zuerst nahmen wir Kontakt mit einer Musikschule auf, doch die Lehrer dort erwarteten einen Lohn, den das Kinderdorf nicht zahlen konnte. Wir versuchten weiter und als wir das Militärorchester in Maputo nach Lehrern fragten, hatten wir Glück. Einige Musiker erklärten sich bereit die Kinder im Kinderdorf für einen niedrigen Lohn zu unterrichten.

So kam eine Absprache zustande. Danach war nur noch die Aufgabe zu lösen, den Lehrern zu erklären, daß unsere Kinder frühere Straßenkinder waren und manchmal vom Unterricht wegblieben oder in der Mitte einer Lektion aufgeben. Doch Heute ging es ganz gut und alle Kinder waren zusammen.

Nachdem der Unterricht zuende war, sah ich, das unser Auto für den Nachhausetransport schon auf mich wartete. Ich lief zum Wagen und fuhr nach Hause.Unterwegs dachte ich daran, ob es Leif und Olivio gelingen würde, die drei Mädchen in der Stadt zu finden. Das würde ich Morgen erfahren. Wenn es in Afrika 21.30 Uhr ist, ist das sehr spät, man ist müde nach einem langen und erlebnisreichen Tag. Man geht zu Bett, kriecht unter das Moskitonetz mit einem guten Buch, doch in der Regel liest man höchstens zwei Seiten, bevor man einschläft.


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