HUMANA PEOPLE TO PEOPLE:
Hilfe zur Selbsthilfe in Mozambique
Rut Kittel, die Autorin dieses Artikels, war 4 Jahre lang als
Projektleiterin an der Berufs schule in Nhamatanda tätig.
Zurückgekehrt widmete sie sich dem Aufbau der HUMANA-Sammlung in
Stuttgart und Umgebung.
Man trifft im Mozambique der neunziger Jahre auf eine
lernbegierige und sich für alles interessierende Bevölkerung. Vor
allem die Jugend, von der die Mehrzahl nur bis zur 7. Klasse zur
Schule gehen konnte, nimmt jede Gelegenheit wahr, das Verpaßte
nachzuholen. Die Verantwortung, die die heutigen Kinder und
Jugendlichen in Mozambique haben, ist sehr groß. Ein 18jähriger,
der in der Ausbildung ist, hat meist eine ca. 5köpfige Familie
hinter sich, die ungeduldig auf seinen Abschluß wartet, damit er
dann mit seinem Einkommen die Familie unterstützt. Da ist kein
Durchfallen drin, und da nur die allerbesten eine winzige Chance
haben, eine Arbeitsstelle zu bekommen, gilt es, sich anzustrengen.
Das Berufsschulangebot ist bis jetzt noch gering. Vor allem in den
Provinzen, außerhalb der Hauptstadt Maputo, gibt es so gut wie
keine Schulen, in denen man einen Beruf erlernen könnte. Außerdem
ist es schwierig, dort einen Platz zu bekommen, da die Nachfrage
sehr hoch ist. Um diesem Problem entgegenzuwirken, hat ADPP
beschlossen, eine Reihe Berufsschulen im Lande auf zumachen.
Darunter eine Schule in der Sofala-Provinz im Distrikt Nhamatanda,
an der ich dann Leiterin war. Die Schule hat als Ziel, Jugendliche
zwischen 17 und 25 Jahren in einem einjährigen Intensivkurs in
einem der Bereiche Landwirtschaft, Bau und Handel bzw Bürowesen
auszubilden.
Die Ausbildung in diesen Bereichen ist sehr praktisch orientiert
und hat zum Ziel, nur das weiterzugeben, was sich mit den
einfachsten Mitteln von den Schülern nach dem Kurs in der Realität
nach vollziehen läßt. Die Ausbildung arbeitet also darauf hin,
Leute auszubilden, die nach dem Kurs sofort anfangen können, in
ihrem Bereich zu arbeiten.
Damit das möglich wird, müssen die Schüler außer der technischen
Ausbildung vieles mehr lernen. Sie müssen lernen, Probleme selbst
zu lösen, Verantwortung zu tragen, Pläne und Systeme zu machen,
flexibel und organisiert zu handeln, ständig neue Erfahrungen zu
sammeln und sich weiter zubilden, sich kameradschaftlich zu
verhalten und so weiter. Dies alles wird im Programm der Schule
bedacht. Zum Beispiel hat jeder der 60 Schüler einen eigenen
Verantwortungsbereich. Jeder der Landwirtschaftsstudenten hat
einen Bereich in der praktischen Landwirtschaft, wie z.B. die
Hasenzucht oder die Baumschule, die Ziegenzucht oder den
Gemüsegarten. Dann gibt es aber auch andere Bereiche, wie
Saubermachen, Kochen, etc. Jeder Schüler muß seinen Bereich
planen, allgemein und finanziell, ein Budget machen, das Geld
verwalten, eventuelle Probleme lösen und das Alltägliche
durchführen.
Mit diesem System kann die Schule nicht nur ihr Jahresbudget
verbessern, sondern die Schüler lernen auch enorm viel dabei. Der
Schüler, der am Anfang des Jahres am meisten gestöhnt hat über die
viele Arbeit und die Probleme, die er nicht lösen konnte, ist am
Ende des Jahres am stolzesten. Er hat viele Erfolge zu verbuchen
und eine riesengroße Erfahrung gemacht, die ihm niemand mehr
nehmen kann. Kommentare wie "Jetzt kann mir da draußen auch nichts
mehr passieren" sind häufig.
Die Erfahrung zeigt, daß ein Großteil der Schüler eine lukrative
Beschäftigung findet, nach dem sie den Kurs erfolgreich beendet
haben. Sie finden entweder eine Anstellung, arbeiten selbständig
oder studieren weiter an den Abendschulen, während sie tagsüber
einer selbständigen Arbeit nachgehen.
Rut Kittel