Einen Anstoß geben


Ich möchte mich erst ‘mal vorstellen.
Mein Name ist Marcus Kozok (24 Jahre) und bis vor zwei Jahren hätte ich nie gedacht, nach Afrika zu gehen. Nach Abschluß der 10. Klasse ging's auch gleich mit ‘ner Ausbildung zum Landmaschinenschlosser in das Berufsleben. Und wie das im richtigen Leben so ist, machte meine Firma, eine ehemalige LPG nach einem Monat Lehre erst mal pleite. Ich sattelte auf Werkzeugmacher um. Danach arbeitslos, entschied ich mich, nochmal die Schulbank zu drücken. Ein Jahr, um die Fachhochschulreife zu erlangen, war schnell vergangen.
Wieder mal ohne Job und keine richtige Lust zum studieren, kam Vater Staat gerade richtig - Zivildienst oder Dienst mit der Waffe - die Entscheidung fiel mir relativ leicht. Heutzutage werden wohl keine Soldaten mehr großartig eingesetzt, wenn es zu einem größeren Konflikt kommen sollte. Pfleger für alte und kranke Menschen zu sein würde ich auch als viel nützlichere Tätigkeit ansehen. Und damit blieb ich für 15 Monate versorgt und konnte auch andere versorgen - von kleinen Hilfestellungen wie Einkäufe und Hausordnungen bis zum Füttern, Windeln oder Waschen der Patienten. Die Zeit mit diesen Leuten veränderte dann auch irgendwie meine Gedanken über die eigene Zukunft. Dort hatte ich das erste mal dieses wunderbare Gefühl, wenn man von seiner Arbeit erfüllt ist. Schließlich bewarb ich mich für eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Aber auch das ging daneben, 150 Bewerber auf 25 freie Stellen. Was nun? Vielleicht doch studieren? Erstmal ging ich für kurze Zeit in einer Leihfirma arbeiten, bis mich eins meiner vielen älteren Geschwister anrief und mir riet, mich auf eine Zeitungsannonce zu melden.

"AFRICA NEEDS YOU" stand als Überschrift. Warum eigentlich nicht, dachte ich mir. Eigentlich interessierte mich Asien viel mehr, aber helfen kann man überall, auch in Afrika. Alles ging ziemlich schnell, innerhalb von zwei Monaten regelte ich alle Sachen in Deutschland und fing mit der 6monatigen Vorbereitungszeit im August ‘97 in der Travelling Folk Highschool an. Diese sechs Monate an der Schule haben mir unter anderem beigebracht, wie klein die Welt doch sein kann. Bei zwanzig Leuten im Team und 12 verschiedenen Nationen lernt man sehr viel über andere Kulturen, aber auch über sich selbst. Ja, und Anfang Februar war's soweit. 13 Stunden Flug und wir landeten in der Hauptstadt Sambias, Lusaka. Trotz Müdigkeit kann man einfach nicht schlafen vor Aufregung. So viele fremde Eindrücke kommen da auf einen zu, wie in einer anderen Welt. Und das war auch erst der Anfang. In den einzelnen Projekten bekommt man natürlich viel mehr zu sehen. Meine Hauptaufgabe war es, mit den Menschen in den Dörfern Kinderspielplätze an den Vorschulen zu bauen. Am Ende meiner Zeit in Sambia konnte ich auf fünf fertiggestellte stolz sein. Was mich aber viel glücklicher gemacht hat ist die Tatsache, daß die Leute anfingen, selber Schaukeln und Wippen in ihren Dörfern zu bauen. Das war eigentlich auch der Sinn der Aufgabe, nur einen Anstoß, eine Anregung zu geben und sie zu motivieren, etwas mit eigener Kraft zu erreichen und nicht auf irgend jemand zu warten, der einem alles frei Haus liefert. Und selbst wenn es auf den ersten Blick nichtig erscheint, gerade Projekte wie diese bringen die Entwicklung in solchen Ländern voran. Tja, und heute bin ich Lehrer an derselben Schule, an der ich vor eineinhalb Jahren mal angefangen hatte, mich auf Afrika vorzubereiten. Und irgendwie habe ich das Gefühl, daß ich das richtige für mich gefunden habe. Ich möchte jetzt nicht für ewig an der Schule unterrichten, aber Arbeit, verbunden mit Entwicklungshilfe, wird für die nächste Zeit mein Leben bestimmen. Na dann bis irgendwann, vielleicht haben Sie ja Lust bekommen, uns und unsere Arbeit näher kennenzulernen oder uns zu besuchen.

Marcus Kozok

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